Da es unter euch sicher den einen oder andern gibt, der etwas genauer wissen will, was ich da mit den Orgeln in Australien anstelle:
Ich habe ja in den einen oder anderen Bericht schon immer mal kurz was über den Betrieb und meine Arbeit erwähnt. Das soll hier natürlich nicht wiederholt werden. Für mich ist es immer noch recht schwer sich in die Philosophie des australischen Orgelbaus und speziell in den meines Betriebes hineinzufinden. Zweifels ohne ist Peter Jewkes eine der top Firmen in Australien und die führende in NSW. Dafür spricht schon allein die Tatsache, dass 80% (!) aller Orgeln in Sydney von unserer Firma betreut werden. Auf der anderen Seite lehnt die Firma alle großen Vorzeige Orgeln ab (Theaterhaus, Town Hall, etc.). Mir wurde gesagt, die müsste man zu oft und zu unmöglichen Zeit, sprich meist nachts stimmen. Kann man ja verstehen – wer hat schon Lust 80 Register jeden Monat mehrere Nächte zu stimmen…
Es ist deshalb für mich so schwer eine klare Line zu finden, weil unsere Aufträge stark dem angepasst werden, was der Kunde zahlen kann. Will er ein Vorzeigeobjekt spielt das Geld und die Zeit also keine Rolle und der Standard kann schon mit einer guten Arbeit in Deutschland verglichen werden, wobei natürlich andere Schwerpunkte gesetzt werden. Hat der Klient (wie er hier so schön genannt wird) weniger Geld, wird das Projekt teilweise ziemlich hart abgespeckt.
Vor 2 Wochen haben wir aus einer kleinen Orgel die Windladen ausgebaut, weil die restauriert werden. Die mechanische Traktur, die wirklich schrecklich ist und das ebenfalls schlechte Pfeifenmaterial werden nicht angefasst.
Ähnliches passierte auch auf einer Ausreinigung. Da bekommt der Begriff TEILausreinigung eine ganz neue Bedeutung. Es war wurde nur das Hauptwerk ausgebaut und gereinigt. Alle Pedalregister, die auf der gleichen Lade standen, blieben unberührt und absolut verdreckt…
Auch was das Stimmen anbetrifft, haben die Australier eine andere Philosophie als wir daheim. Es gibt Stimmverträge, bei denen 2 mal die Woche gestimmt wird (Es handelt sich hier um eine englische Truhenorgel, die zu Orchesterzwecken dient, 4 Register, doppelte Größe einer Renschtruhe und der 2‘ ist so was von verstimmt, „weil er nie gespielt wird“.). Die meisten Orgeln, werden mindestens vierteljährlich gestimmt. Die weitentferntesten Orgeln, zu denen geflogen wird, werden halbjährlich gestimmt. Bei diesen häufigen Stimmungen bekommt die TEILstimmung auch eine ganz neue Bedeutung. Wenn eine Orgel einmal im Monat gestimmt wird und es sich um ein großes Instrument handelt, wird mal das Hauptwerk und beim nächsten Mal nur das Positiv gestimmt. Beim Stimmen ist auffällig, dass die untere und obere Oktave des zu stimmenden Registers eigentlich immer in sich gestimmt wird, anstatt komplett mit dem Stimmregister durchzustimmen. Der Tonumfang ist hier auch etwas weiter als bei uns daheim. Standard sind 61 Töne je Register, C bis c4. Das häufige Stimmen ist aber nicht so bedenklich, da 95% aller Orgeln Metallpfeifen mit Stimmhülsen haben. Letze Woche hatte ich einen Einsatz in der Stadt. Gesagt wurde mir, dass eine Orgel abgedeckt werden musste. Vor Beginn der Bauarbeiten schien es da aber wieder eine der Sparmaßnahmen gegeben zu haben, die sich allerdings nicht so praktisch erwies. Es wurden nur einzelne Register und empfindliche Elektrikteile abgedeckt. Als Ergebnis dessen waren ich und ein Kollege 5 Stunden damit beschäftigt den restlichen Staub aus der Orgel so gut wie möglich abzusaugen. Danach ging es noch zu einer anderen Orgel. Leider hatte ich keine Kamera dabei, denn sowohl die Kirche als auch die Orgel haben mich echt beeindruckt. Vielleicht kann ich das noch mal nachholen. Bei der Orgel handelt es sich um einen gespendeten Neubau eines Kanadischen Orgelbauers aus dem Jahre 2004. Alles sehr gut verarbeitet, wirklich nett anzusehen. Aufgrund der Anlage, war leider nur eine elektrische Traktur möglich. Alles in allem denk ich mal knapp 50 Register. Is schon lustig, wenn man sich mal überlegt eine Orgel, importiert aus Kanada, steht da in Australien und man schaut rein und findet überall Aufschriften, wie Laukhuff und Heuss…
Letzte Woche hatten wir auch noch nen Einsatz ganz besonderer Art. Wir hatten einen Orgelmotor neu zu installieren. Der alte war abgesoffen, da sich die Windanlage im Keller befindet. Es wurde also ein neuer bei Laukhuff bestellt. Der hat großzügiger Weise 2 Nummern größer geschickt. Allerdings war damit die Luke zum Keller zu klein, für den 180kg schweren Motor. Nachdem wir den zerlegt hatten und die Öffnung zum Keller etwas vergrößert hatten, hat das dann alles doch mit ein paar Millimetern Spiel gepasst…
Wenn ich nicht grad unterwegs bin, arbeite ich immer noch an meinen 2 Schleifladen. Sind knapp 100 Jahre alt und stellen an sich gute historische Materie dar. Ist also ein echt nettes Geschäft. Die Restauration läuft ähnlich ab, wie ich es bei Firma Rensch kennen gelernt habe. Es beginnt mit einem kompletten Warmleimausguss, dann wird die gesamte Lade abgerichtet und zum Schluss werden Windstube und Ventile wieder neu aufgearbeitet. Für den Warmleim werden in der Firma übrigens Heisswachstöpfe (aus der Körperpflege!) verwendet. Sind anscheinend nicht ganz günstig, ist aber eine super saubere Sache ohne Wassergematsche…
Seit 2 Wochen haben wir einen neuen Auszubilden, wobei das darf man ja hier gar nicht so sagen. Denn er macht keine Ausbildung (apprenticeship) sondern er wird nur des Orgelbauens trainiert (trainingship). Er hat diesen Status für 3 Jahre und verdient dabei quasi genauso wenig, wie ein Orgelbauazubi in Deutschland. Eines Tages ist er dann ausgebildeter bzw. trainierter Orgelbauer, was dem Gesellen entspricht und verdient ein weinig mehr. Er muss dafür kein einziges Mal in die Schule noch irgendeine Prüfung absolvieren.
Um am Ende meines Orgelberichts will ich meine Frage nach der australischen Orgelbau Philosophie vielleicht noch einmal Aufzugreifen. Einer meiner Kollegen kommt aus Großbritannien, hat dort den Orgelbau gelernt und arbeitet seit 25 Jahren hier bei unserer Firma. Ich stellte ihm die Frage, was den englischen Orgelbau von dem australischen unterscheidet. Seine Antwort: Die australischen Orgeln sind billiger…
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