
Hallo an alle daheim,
Wie beim letzten Eintrag angekündigt gibt es heut mal wieder einen kleinen Reisebericht mit vielen tollen Bildern. Ich habe auf Facebook 2 Alben mit mehr als 200 Bildern hochgeladen. Leider kann ich nicht alle hier in meinen Blog kopieren, aber jeder, der auch bei Facebook ist und nach dem heutigen Blog noch nicht genug gesehen hat, bekommt unter folgenden Links den kompletten Upload:
Grund für die vielen Bilder ist mein 2-wöchiger Urlaub den ich vor Kurzem gemacht habe. Eigentlich war es ja gar kein Urlaub, der Begriff working holiday beschreibt es da wohl etwas besser. Unserer Firma hat mehr als 250 Wartungsverträge, manche davon beinhalten eine Stimmung aller 3 Monate. 99% unserer Orgeln befinden sich in New South Wales. Im Anbetracht der Tatsache, dass NSW allein mehr als doppelt so groß wie Deutschland ist, kann man jedoch erahnen, wie weit unser Einzugsgebiet ist. Zwei mal im Jahr fliegt unser Chef für eine Woche in den Norden von NSW, um dort alle Stimmungen zu erledigen. Ebenso halbjährlich findet die Stimmtour im südlichen Bereich von NSW statt - alles in allem 3500km verteilt auf zwei Wochen.
Diese Stimmtour erschien mir die ideale Möglichkeit auf Arbeitszeit noch etwas mehr von Australien zu sehen. Da ich als Tastenhalter leider etwas überqualifiziert (und bezahlt) bin, bot mir mein Chef an mich quasi als Ferienarbeiter anzustellen. Ich muss sagen ich hätte mir kaum einen besseren Urlaub vorstellen können. Wunderschöne Landschaften, viel Auto fahren (ich durfte die meiste Zeit meinen Chef in seinem Mercedes E350 mit dem Namen Hildegard chauffieren), gutes Essen, super Hotels und nebenbei Arbeit, die mir wirklich Spaß macht.
Ich habe alle Stationen auf unserem Trip in der folgenden Karte markiert und die meisten Orgeln und Kirchen sind darin auch zu sehen.
Grand Southern Tuning Trip 2010 auf einer größeren Karte anzeigen
Da der tatsächlich Aufwand der Anreise mit dem des Stimmens bei den weiten Entfernungen nicht wirklich in der Waage ist, wir den kleinen Gemeinden vor Ort deshalb aber nicht mehr abknüpfen können, ist die Tour nur bedingt kostendeckend. Ich glaube mein Chef sieht sie daher eher als seine „Mission“ für die australische Orgelwelt an und versucht die 2 Wochen auch eher als eine Art Urlaub zu handhaben. Man kann die Stimmtour daher nicht wirklich mit dem vergleichen, was wir in Deutschland unter dem Begriff Stimmtour verstehen würden. Häufig fährt man mehr als 6 Stunden am Tag, um auf dem Weg 2 Örgelchen zu stimmen, die in einer Stunde erledigt sind. Die Tatsache, dass mein Chef den Trip als eine Art Urlaub ansieht begründet vielleicht auch den „Lifestyle“ während der Tour. Unsere Rechnungen für das Abendessen waren häufig über $200 und die Art unserer Unterbringung ließ kaum Wünsche offen. Für die 4 Nächte, die wir in Canberra verbrachten, waren wir absolut luxuriös im 5-Strene Hotel Hyatt untergebracht. Zum Empfang gab es eine Flasche Champagner, Fitnessstudio und Schwimmbad waren inklusiv und das Frühstücksbuffet war reich an allem, was man sich vorstellen kann und natürlich weitaus mehr als man am morgen essen kann.
Mein Leben war für 2 Wochen also alles andere als das eines normalen Orgelbauers. Ich habe es genossen, aber ich weiß nicht, ob ich mich daran auf Dauer erfreuen bzw. damit identifizieren könnte.
Was mich viel intensiver angesprochen hat waren die Landschaften, die wir durchkreuzten. Auf 3500km war nahezu alles dabei was Australien zu bieten hat...
Es ging an der Küste los mit dem Kurs Richtung Westen. Nur unweit von Sydney wird es zunehmend hügeliger. Sanfte Berge, ähnlich denen in der Oberlausitz eröffnen sich.
Sie sind Teil des Great Dividing Range Gebirgszuges, der sich durch den ganzen Osten Australien zieht und zu dem auch die Blue Mountains gehören. Danach wird es flach und dann flacher. Die Straßen werden immer gerader – häufig fährt man mehr als 10km schnur gerade aus, um dann zur Abwechslung in eine seichte Kurve zu lenken. Zunächst sind die Straßenränder noch mit üppigen Pappeln bewachsen, aber je weiter man in den Westen kommt, umso karger wird die Vegetation. Die Bäume werden zu Büschen bis schließlich die Büsche nur noch kleine Grasbüschel sind und schließlich auch die gänzlich vom roten Staub verschluckt werden. Autos kommen einem nur selten entgegen und auf dem Navi gibt es außer einem geraden Strich nicht mehr viel zu sehen. Die Städte, auf welche man nur noch selten trifft erstrecken sich flächentechnisch zwar über nahezu 100km, aber ihr „Zentrum“ ist nur ein kleines Städtchen mit einem Pub, einer Kirche und einer Tankstelle, an der der Liter Benzin 30% mehr kostet als in Sydney. Wenn man Glück hat gibt es noch einen Supermarkt und ein McDonalds – der Westen hat auch vor dem Outback kein Halt gemacht. Die Straßenzüge der Stadtzentren erinnern mich allgemein stark an die in den Staaten, aber das liegt wohl eher am Leichtbau der Häuser, der scheinbar weltweit praktisch und günstig ist. Eine zweite Etage gibt es nicht, wozu auch bei all der Fläche ringsum…
In Hay, dem westlichsten Punkt unserer Reise, am Rande zum Outback erwartet mich eine Überraschung. Auf dem Firmenschild der Orgel steht ein mir bekannter Name: Walcker; Ludwigsburg – Württemberg (Die Firma, die übrigens auch ein Grund für die deutschlandweit einzige Schule für Orgelbau in Ludwigsburg ist). Das dürfte wohl die Orgel sein, die den weitesten Weg von der Fabrik bis zur Kirche hatte;) Die Orgel ist in einem untypisch guten Zustand für australische Verhältnisse und nahezu original. Endlich mal was fürs Herz nach all den lieblos zusammen gebastelten Orgeln, die mir leider zu oft auf der Tour begegnen.
Von Hay geht es ein paar Tage weiter durchs Land bis wir wieder auf den Great Dividing Range treffen. Dieses Mal der Bereich der Snowy Mountains, die mit der Höchsten Erhebung Australiens (2228m) ihrem Namen tatsächlich alle Ehre machen und somit das einzige australische Skigebiet sind. Für den Schnee sind wir leider ein paar Tage zu früh dran, aber das ist ja auch nicht schlimm bei Sommerbereifung und Hinterradantrieb. Wir erreichen den höchsten Punkt unserer Tour bei 1700m und man hat den Eindruck in einer anderen Welt zu sein. Überall befinden sich riesige Steine und Felsen inmitten von grasbedeckten Hügeln, die durchbrochen werden von Waldflächen gefüllt mit scheinbar toten Bäumen. Das kahle Baumskelett wirkt unreal in seiner silbern-weißen Farbe. Von weitem denkt man sogar die Bäume sind mit Schnee oder Reif bedeckt, aber es ist tatsächlich nur die merkwürdige Farbe der Bäume. Alles in allem kommt einem das Gefühl auf irgendwo in Skandinavien zu sein.
Den Eindruck irgendwo anders zu sein, nur nicht in Australien habe ich ständig auf der Reise. Mal ist es wie in Afrika, dann wie im Amazon oder auch wie in Neuseeland, ein anders mal ein klein wenig wie daheim und dieses mal eben, als wären wir in Skandinavien gelandet.
Ich muss zugeben, die Snowy Mountains waren absolut beeindruckend, auch ohne weißen Mantel. Ich glaube das liegt vor allem daran, weil sie einfach komplett anders sind, als das, was man von Australien erwartet.
Unsere Reise geht weiter Richtung Canberra, welches quasi am Fuße der Snowy Mountains liegt. Wie schon gesagt, wir verbringen 4 Tage in der Hauptstadt Australiens. Anders als an den meisten Tagen auf unserem Trip stehen für jeden Tag immer eine ganze Menge Stimmungen auf dem Plan. Im Schnitt sind es wohl 5. Unseren Ruhetag am Sonntag nutzte ich für ein wenig Sightseeing, aber mehr als seinen Regierungssitz hat Canberra dann eben auch doch nicht zu bieten…
(…wenn da nicht dieser traumhaft schöne Sonnenuntergang gewesen wäre;)
Am letzten Tag in Canberra gibt es dann noch mal was Außergewöhnliches. Dieses Mal ist es jedoch keine Orgel sondern die Kirche selbst, welche mein Interesse weckt. Das Kirchengebäude wurde Stein für Stein aus Sydney herbei gebracht, wo es ursprünglich als Bahnhof gedient hatte. Das nenn ich mal Recycling!
Von Canberra geht es zu Beginn der zweiten Woche weiter in Richtung Süden. Die näher kommende Küste machte sich durch viel frisches Grün und dichten Bush bemerkbar. Der Abschnitt zwischen Batemans Bay und Bega, welches schon fast an der Grenze zu Victoria liegt ist noch einmal absolut malerisch und einfach nur zum Genießen.
Ich kann nicht sagen, was für mich auf der Reise schöner war. Das Gefühl auf einer sich dahin schlängelnden und wenig befahrenen Straße ein genüsslich ein Auto zu steuern oder einfach nur als Beifahrer aus dem Fenster ein paar gute Schnappschüsse zu ergattern. Im Konflikt dieser beiden Aspekte beschließen wir, dass ich die Fahr nach Bega übernehm und mein Chef am kommenden Tag dann zurück fahren würde- Leider war jener darauffolgende Tag, wohl der einzige auf unserem ganzen Trip an dem die Sonne mal nicht schien. Aber selbst das trübe Wetter konnte dem Charme der Landschaft nur wenig anhaben.
Wir entscheiden uns einen kleinen Umweg zu nehmen, der allerdings nach wenigen Kilometern in einer halbstündigen Fahrt über unbefestigte Straße endete. Dort an der Küste, 8 Stunden südlich von Sydney finde ich es endlich nach anderthalb Jahren Suche - ein typisch australisches Dörfchen. Kein Woolworth, kein Mc Donald, keine Flachbauden, sondern gemütliche Häuschen in bunten Farben, ruhig und abgelegen in einer absoluten Idylle der Natur…
Mit jedem Kilometer den wir nun der Küste entlang zurück legten nähern wir uns wieder Sydney…
1 Kommentar:
Hallo Kornelius!
Vielen Dank für dein Bericht, ich lese diese immer wieder gern!!
Ich
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